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Versicherungsschutz Arbeitsunfall: die 7 wichtigsten Antworten

Ob im Büro oder auf der Baustelle: Arbeitsunfälle sind in Deutschland an der Tagesordnung. Nicht selten werden Arbeitnehmer dabei schwer verletzt und tragen bleibende Schäden davon. Was nach einem Arbeitsunfall zu tun ist und wie es mit Ihrem Versicherungsschutz während der Arbeitszeit aussieht, beantworten wir im Ratgeber.

Was ist ein meldepflichtiger Arbeitsunfall?

Mehr als 870.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle haben sich 2020 in Deutschland ereignet. Darunter fielen 13.362 schwere Arbeitsunfälle, bei denen die gesetzliche Unfallversicherung eine Rente oder ein Sterbegeld auszahlte. Dazu kamen fast 187.000 meldepflichtige Wegeunfälle. So werden Unfälle bezeichnet, die Arbeitnehmer auf dem Hin- oder Rückweg zur bzw. von der Arbeitsstelle erleiden. Das geht aus einer Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) (www.dguv.de) hervor.

Als meldepflichtig gelten Unfälle, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder dem Tod führen.

Was ist eine versicherte Tätigkeit?

Von einem Arbeitsunfall spricht man, wenn ein Arbeitnehmer infolge einer versicherten Tätigkeit einen Unfall erleidet. In solchen Fällen greift die gesetzliche Unfallversicherung und übernimmt alle anfallenden Kosten für Behandlung, Rehabilitationsmaßnahmen oder Verletztengeld.

Eine "versicherte Tätigkeit" ist die Tätigkeit, die Sie als Arbeitnehmer im Auftrag Ihres Arbeitgebers erledigen – ergo die Ausübung Ihres Jobs. Wenn Ihnen hierbei ein Unfall passiert, Sie also beispielsweise von herunterfallenden Arbeitsgeräten verletzt werden oder im Büro über ein Kabel stolpern, sind Sie über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Der Unfallschutz schließt zudem den direkten Hin- und Rückweg zur Arbeitsstelle ein. Unfälle auf dem Arbeitsweg werden als "Wegeunfall" bezeichnet.

Wann greift der gesetzliche Versicherungsschutz?

Prinzipiell sind alle Erwerbstätigen während ihrer Arbeit über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Der Versicherungsschutz gilt aber auch noch für weitere Personengruppen bzw. Situationen:

  • Beschäftigte auf dem direkten Hin- und Rückweg ihrer Arbeitsstelle (Wegeunfall)
  • Beschäftigte beim Betriebssport
  • Beschäftigte auf Betriebsfeiern und -ausflügen
  • Ehrenamtliche bei der Ausübung ihres Amts
  • Personen, die im Interesse der Allgemeinheit handeln
  • Arbeitslose, die auf Aufforderung der Arbeitsagentur die Agentur oder eine andere Stelle aufsuchen
  • Personen, die einen nahen Angehörigen im eigenen Wohnhaus pflegen
  • Kinder in Kindertagesstätten und Schulen
  • Studenten und Auszubildende in Ausbildungsstätten
  • Personen, die erste Hilfe leisten
  • Beschäftigte, die sich auf dem Hin- oder Rückweg zu ihrer Arbeitsstätte befinden und einen notwendigen Umweg einlegen müssen,
    • um ihre Kinder in der Kita zu bringen
    • um eine Fahrgemeinschaft zu bilden
    • weil der Arbeitsplatz über einen längeren Weg schneller erreicht werden kann

In welchen Fällen gilt der Versicherungsschutz nicht?

Während der Arbeitszeit gibt es allerdings auch Situationen, in denen Sie nicht über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert sind. Dazu zählen sämtliche Aktivitäten, die Freizeitcharakter haben, wie beispielsweise das Mittagessen in der Kantine oder der Gang zur Toilette.

Auch wenn der Unfall durch Alkohol, Drogen oder Tablettenmissbrauch verursacht wird, entfällt der Versicherungsschutz. Verletzungen oder Gesundheitsschäden, die ohne Einwirkung von außen zufällig während der Beschäftigungszeit auftreten (z. B. Nasenbluten oder ein Herzinfarkt), sind ebenfalls nicht über die Unfallversicherung abgedeckt. Hier greift die gesetzliche Krankenversicherung.

Auch beim Betriebssport sind Sie nur geschützt, wenn dieser keinen Wettbewerbscharakter hat. Tritt Ihre Betriebsmannschaft zum Beispiel bei einem Fußballturnier an, entfällt der gesetzliche Versicherungsschutz.

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Die gesetzliche Versicherung greift zum Beispiel nicht, wenn Sie auf der Toilette ausrutschen und sich Ihren Kopf am Waschbecken stoßen.

Daniela Grünblatt-Sommerfeld

Rechtsanwältin für Arbeitsrecht

Was muss nach einem Arbeitsunfall getan werden?

Ein Arbeitsunfall muss dem Arbeitgeber immer gemeldet werden – auch wenn es sich "nur" um einen vermeintlich kleinen Schaden handelt. Fehleinschätzungen oder Spätfolgen sind immer möglich. Nachfolgend listen wir Ihnen die wichtigsten Schritte auf, die Sie nach einem Arbeitsunfall unternehmen sollten.

Es sollte in jedem Fall eine umfangreiche Unfalluntersuchung durchgeführt werden. Daran müssen unterschiedliche Personengruppen beteiligt werden:

  • das Unfallopfer
  • der Arbeitgeber
  • die verantwortlichen Führungskräfte
  • der Sicherheitsbeauftragte
  • der Betriebsrat
  • wenn vorhanden: Zeugen

Das Unfallopfer sollte sich direkt nach dem Unfall von einem sogenannten Durchgangsarzt untersuchen lassen. So werden Fachärzte mit einer Zulassung bei der Berufsgenossenschaft bezeichnet.

Neben der ärztlichen Behandlung dient der Besuch beim Durchgangsarzt auch der Dokumentation und Sicherung von Beweisen. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen, verfügt das Unfallopfer somit über aussagekräftiges Beweismaterial. Die Notizen eines Hausarztes können sich im Ernstfall als nicht ausreichend erweisen.

Deswegen rät Anwältin Grünblatt-Sommerfeld: "Egal wie gering die Verletzung im ersten Moment scheint, Sie sollten in jedem Fall einen Facharzt aufsuchen. So sparen Sie sich bei möglichen Folgeverletzungen den Ärger."

Wenn der Arbeitsunfall eine Krankmeldung von mehr als drei Tagen nach sich zieht, muss der Arbeitgeber der Berufsgenossenschaft Meldung erstatten. Die Meldung muss auch dann erfolgen, wenn die Folgen der Verletzung als gering eingeschätzt werden.

Machen sich Spätfolgen bemerkbar und wurde auf die Meldung verzichtet, kann die Unfallversicherung die Leistungen verweigern.

Welche Leistungen erhalte ich von der gesetzlichen Unfallversicherung?

Wenn Sie aufgrund eines Arbeitsunfalls ausfallen, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Sind Sie schon mindestens vier Wochen in Ihrem Unternehmen beschäftigt, haben Sie zunächst Anspruch auf eine Lohnfortzahlung, die sechs Wochen lang vom Arbeitgeber gezahlt wird.

Nach dem Ablauf dieser sechs Wochen werden die Zahlungen von der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen. Diese ist für die unterschiedlichen Berufsbranchen in Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, Gemeindeunfallversicherungsverbände und die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) untergegliedert.

Eine Übersicht der unterschiedlichen Versicherungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung finden Sie auf der Homepage der DGUV (www.dguv.de).

Die Lohnfortzahlung wird ab der siebten Woche von der jeweiligen Berufsgenossenschaft übernommen und von der Krankenkasse ausgezahlt. Dieses "Verletztengeld" ist generell steuerfrei, muss jedoch bei der Steuererklärung angegeben werden.

Nach schweren Arbeitsunfällen, die eine langfristige Einschränkung des Unfallopfers (z. B. eine Behinderung) zur Folge haben, sind oft auch Rehabilitationsmaßnahmen notwendig. Die Kosten hierfür können ebenfalls von der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen werden.

Dazu zählen zum Beispiel:

  • die Umrüstung des Autos
  • die Umgestaltung der Wohnung oder des Arbeitsplatzes
  • spezielles Schuhwerk
  • Rollstühle
  • Krücken

Nur in wenigen ganz bestimmten Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, Schmerzensgeld zu zahlen. Selbst bei kleinen Sicherheitsmängeln können Arbeitgeber nicht ohne Weiteres zur Zahlung verpflichtet werden.

Anders sieht es aus, wenn der Unfall vorsätzlich herbeigeführt wurde. Beweise für Vorsätzlichkeit lassen sich jedoch nur schwer erbringen. Können Sie solche jedoch vorweisen, sollten Sie diese einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht vorlegen.

Die gesetzliche Unfallversicherung erstattet keine Sachwerte. Nur in Ausnahmefällen werden durch einen Unfall zerstörte Gegenstände ersetzt. Das ist beispielsweise der Fall bei Sachschäden, die durch das Leisten von Erster Hilfe entstehen (z. B. zerrissene Kleidung) oder durch den Arbeitsunfall beschädigte Hilfsmittel (z. B. Brille).

Zusätzlicher Schutz durch private Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt Sie bei Arbeits- und Wegeunfällen. Doch rund 70 Prozent aller Unfälle in Deutschland passieren in der Freizeit oder im eigenen Haushalt.

Deswegen ist es sinnvoll, auch hier vorzusorgen. Die private Unfallversicherung der DEVK sichert Sie im Straßenverkehr und Zuhause, im Urlaub, in der Freizeit und beim Sport gegen finanzielle Unfallrisiken ab.